Außergewöhnliche Zeiten

Vor 20 Jahren, zum 01.01.2003, wurden in Reken letztmalig Steuern angehoben. „Die sonstigen politischen und finanziellen Rahmendaten lassen uns allerdings nicht jubeln“ beginnt Bürgermeister Manuel Deitert seine diesjährige Haushaltsrede Mitte November vor dem Gemeinderat. „Wir sehen in den nächsten Jahren niedrigeren Steuereinnahmen bei steigenden Kosten entgegen“ stimmt Deitert den Gemeinderat auf den Haushaltsplan 2023 ein.

„Wir blicken gravierenden Änderungen im alltäglichen Leben und einem Rückgang unseres „Wohlstandes“ sowie einer Rezession entgegen. Dabei – und das muss man immer dazu sagen - geht es uns hier in Reken noch sehr gut. Gleichwohl muss jetzt überall die Botschaft ankommen, dass wir jetzt schleunigst den ‚Hebel wieder umlegen‘ müssen! Wir sind es hier alle gewohnt, dass fast alles umgesetzt wird. Der erste Gang, wenn Geld für eine Vereinsanschaffung fehlt, ist immer der Gang zum Rathaus. Und jeder ist es gewohnt, dass wir dann gemeinsam eine Finanzierung des gewünschten Projekts hinbekommen. Aber wir müssen jetzt noch mehr tun, um den außergewöhnlich guten Standard an Vereinsförderung, Ausstattung und Ortsbild finanzieren zu können. Dabei muss unser Augenmerk darauf liegen, die Belastungen unserer Bürgerinnen und Bürger weiterhin so niedrig zu halten und den Standard derzeit nicht noch weiter auszuweiten“ mahnt Deitert in seiner Rede. In 2022 werden in Deutschland über 300.000 Menschen mehr in den Ruhestand gehen als in den Arbeitsmarkt eintreten - ein deutlicher Widerspruch zu den politischen Entscheidungen, Standards immer weiter hochzuschrauben und Leistungen mehr und mehr auszuweiten.

Gleichwohl können die Bürger und Bürgerinnen mittelfristig noch mit ungekürzten Vereinszuschüssen, den hohen Standards in der Gemeinde und den niedrigsten Steuern und Gebühren kalkulieren. Bis zum Jahre 2026 können Defizite voraussichtlich im Ergebnisplan aus der Ausgleichsrücklage gezahlt werden, die in guten Jahren erwirtschaftet worden ist. Ebenso können Defizite des Finanzplanes aus Rückführungen von Finanzanlagen ausgeglichen werden.

Die Haushaltszahlen, die Kämmerer Manuel Benning im Anschluss an die Rede von Bürgermeister Deitert vorstellte, sind gravierend. Nach ausgeglichenen Haushalten und teilweise erheblichen Jahresüberschüssen steht Reken im nächsten Jahr vor einem Defizit von - 2.390.768 € im Ergebnisplan und einem Minus von - 3.717.430 € im Finanzplan für das Jahr 2023.

76 % der öffentlichen Einnahmen aus dem Rekener Haushalt werden im Jahr 2023 direkt mit Zahlungen von Kreis und Land verrechnet und fließen ab. Es verbleiben in Reken 4,357 Mio. So wenig wie nie zuvor! Explodierende Energiepreise, steigende Unternehmerkosten, die hohe Inflation, Personalkostensteigerungen, Kostensteigerungen im Baugewerbe, in der Logistik, im ÖPNV usw. treffen die Gemeinde ebenso wie jeden Bürger und jede Bürgerin. Dennoch sei es Ziel, diese Kostensteigerungen nicht über eine Steuererhöhung an die Bürgerschaft weiter zu geben mit der leicht 1,2 Millionen Euro mehr Einnahmen generiert werden könnten.

Deitert übte in seiner Rede deutliche Kritik an öffentlichen Stellen und forderte die Politiker im Raum auf, ihre Parteien mögen eine realistische Aufgabenkritik vornehmen. Neue Vorschriften, nutzloser bürokratischer Aufwand, Reformen und Gesetzänderungen sorgen für zusätzliche Aufgaben für Kommunen.

Die Politiker des Gemeinderates bat er um eine weiterhin besonnene und vernünftige Haushaltspolitik. In der nur das Geld ausgegeben wird, dass auch eingenommen wird und der den Familien durch niedrige Steuern am Ende des Monats mehr Geld in der eigenen Kasse bleibt. Dieses Handeln mit der „Rekener Brille“ würde jedoch in den nächsten Jahren auch dazu führen, dass einige Dinge nicht umgesetzt werden können, die keine vorrangigen Aufgaben einer Kommune sind. Auch Zuschüsse müssen hinterfragt und geprüft werden. „Wichtiger als je zuvor ist, dass wir nicht Ökologie, Ökonomie und sozialen Zusammenhalt gegeneinander ausspielen“ beendet Deitert seine Haushaltsrede „Ich möchte mit diesen Worten keinen Trübsinn verbreiten. Ich möchte Ihre Augen öffnen und Sie jetzt zusammenschweißen. Uns eint die Verantwortung für unsere Gemeinde. Behalten Sie jedoch bitte alle einen gesunden Rekener Optimismus bei – denn immerhin wohnen wir dort, wo andere Urlaub machen.“

25.11.2022